Papst Franziskus – Jorge Mario Bergoglio

Vatikanisches Hofzeremoniell

„Alle ore 7:35 di questa mattina il Vescovo di Roma è tornato alla casa del Padre. La sua vita tutta intera è stata dedicata al servizio del Signore e della Chiesa“

Camerlengo Farrell da Casa Santa Marta, 21.04.2025

Auch wenn der moderne Vatikanstaat nur mehr wenig mit der Pracht vergangener Päpste zu tun hat – das Ableben eines Papstes löst ein minutiös festgelegtes Zeremoniell aus, das dem Hofzeremoniell europäischer Renaissance-Höfe kaum nachsteht.

Nach überraschenden, letzten öffentlichen Auftritten und einem letztmaligen Spenden des Segens „Urbi et Orbi“ gab der Vatikan, in Person des Camerlengo, am Ostermontag das Ableben von Papst Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio bekannt.

Der im Kardinalsrang stehende Camerlengo nimmt eine zentrale Rolle in der Sedisvakanz, also der Zeit zwischen dem Ableben und der Wahl eines neuen Papstes ein. Das früher benutzte Hämmerchen, mit dem der Camerlengo dem Verstorbenen dreimal auf die Stirn zu klopfen hatte, um den Tod festzustellen, ist auch in einer sehr konservativen Institution wie der katholischen Kirche nicht mehr en vogue.

Daher verließ man sich auf die Diagnose eines Arztes und nicht mehr auf das Ritual, den Verstorbenen bei seinem Taufnamen zu rufen und ihn zu fragen, ob er schlafe. Also kein „Jorge, dormisne?“ („Jorge, schläfst du?“) mehr…

Während die katholische Welt auf das Konklave und die Bestellung eines neuen Papstes wartet, haben wir Gelegenheit, einen Blick auf die Herkunft und die Vorfahren von Franziskus zu werfen.

Geburt in Argentinien

Papst Franziskus war in vielen Dingen der erste Papst der Welt. Unter anderem war er der erste Papst, der in der neuen Welt geboren wurde. Ich konnte noch keine argentinischen Regelungen über die Personenstands-Führung eruieren. Es wäre aber nicht außergewöhnlich, wenn die argentinischen Sperrfristen den europäischen Vorgaben ähneln würden. Zu einer Geburt im Jahr 1936 dürfen wir uns nicht unbedingt öffentliche, online zugängliche Quellen erwarten.

Wir können aber die Geburten der Eltern, Mario Giuseppe Francesco BERGOGLIO (1908) und Maria SIVORI (1913) nachvollziehen. Die Mutter war argentinischen Ursprungs. Ihre Taufe ist in den argentinischen Kirchenbüchern der Kirche San Carlo Borromeo in Buenos Aires zu finden.

Franziskus Vater entstammte dagegen einer italienischen Familie, die sich vor dem Faschismus in Sicherheit brachte.1) In Italien wurde die offizielle Personenstandsführung (je nach Region) bereits Ende des 19. Jahrhunderts in die Hände des Staates übergeben. Wir finden daher die Geburt von Franziskus Vater Mario Giuseppe im „Registro dello stato civile di Torino“.

Pfarre San Carlo Borromeo
Buenos Aires
Registro dello stato civile di Torino – Atto di Nato (1908)

Wurzeln im Piemont

Die Heirat von Franziskus Eltern ist im Taufbuch-Eintrag seiner Mutter belegt und mit dem 12. Dezember 1935 datiert.

Stato civile di Torino – Matrimoni – 1907 – Nr. 841

Am 06. April 1908 gibt der 23-jährige Giovanni Bergoglio, der Großvater des späteren Papstes, auf dem Standesamt Turin bekannt, dass seine Frau Rosa Vassallo am 02.04.1908 um 16h in der Via Santa Teresa 20 einen Sohn mit Namen Mario Giuseppe Francisco geboren hat.

Giovanni hatte Rosa im Jahr 1907 geheiratet. Auch diese Trauung finden wir im Registro dello stato civile di Torino – der Eintrag umfasst eine ganz Seite. Wir erfahren, dass Giovanni ein „liquorista nato in Asti“ war, also ein Likörmacher, während Rosa Margherita aus dem kleinen Dorf Piana Crixia am Nordrand des Apennin abstammte und als „sarta„, also als Näherin geführt wird.

Ab 1910 wohnen Giuseppe und Rosa in der Via Garibaldi, wo 1910 und 1913 die Töchter Giuseppina und Maria zur Welt kommen. Giuseppe ist zu dieser Zeit „caffettiere„.

Giuseppina verstirbt bereits 1913 wieder.

Im Jahr 1917 erblickt eine weitere Tochter das Licht der Welt, Bianca Maria – doch sie verstirbt im gleichen Jahr. 1919 komm

Reicher Onkel aus Übersee?

Während Franziskus Vater in Turin aufwuchs, war sein Onkel Albino, ein Jahr vor Giovanni ebenfalls in Asti geboren, bereits nach Argentinien ausgewandert und heiratete dort in Cordoba.

Pfarre Nuestra Señora de la Asunción, Kathedrale von Cordoba, Argentinien – Libro de Matrimonios (1912) – p.344

Wikipedia berichtet, dass Franziskus Familie um dem aufkommenden Faschismus zu entgehen, zu vermögenden Verwandten nach Argentinien zog.

„Seine Familie zog jedoch nach Turin, wo Bergoglios Großeltern eine Konditorei führten, während sein Vater eine Anstellung als Buchhalter in einer Bank fand. Weil dessen Mutter eine Gegnerin des Faschismus war, wanderte die Familie nach Argentinien aus, wo ein Onkel eine Pflastersteinfabrik betrieb und es zu beachtlichem Wohlstand gebracht hatte. Während der Wirtschaftskrise 1932 ging der Betrieb bankrott und Bergoglios Großeltern und sein Vater zogen nach Buenos Aires, wo sie einen Lebensmittelhandel eröffneten.“ 2)

Die Geschwister von Franziskus Vater Mario starben alle im Kindesalter, aber neben dem Onkel Albino Bergoglio kommen noch die jüngeren Brüder von Giovanni, Vittorio und Eugenio in Frage, erste Anlaufstation für die Auswanderer gewesen zu sein. Während Albino in Argentiniens drittgrößter Stadt Córdoba heiratete (österreichischen Fußball-Fans seit der WM 1978 bestens bekannt!), hatten sich die die jüngeren Brüder über 400 km entfernt in Paraná, der Provinzhauptstadt von Entre Rios angesiedelt und dort 1926 bzw. 1921 geheiratet.

Francesco Bergoglio, der Vater der vier Brüder, starb 1903 in Asti. Er war daher nicht unter den Auswanderern und im Libro de Matromonios der Trauung von Eugenio 1921 finden wir ihn auch als „fallecido“ angegeben.

Registri dello stato civile

Die Einführung der staatlichen Personenstandsführung geht im Piemont bereits auf Napoleon Bonaparte zurück. Im Zuge der Ausrufung der Piemontesischen bzw. Subalpinischen Republik wurden zunehmend napoleonische Gesetze eingeführt, darunter die Zivilregistrierung. So finden wir in den Archiven der piemontesischen Provinzen Alessandria und Asti unter den Beständen „Stato civile napoleonico“ Einträge ab dem Jahr 1802 bis zum Ende der napoleonischen Herrschaft 1813.

Danach variiert die Verfügbarkeit leider beträchtlich. Während in der Provinz Alessandria nahezu durchgängig Register auffindbar sind, klafft in Asti eine Lücke bis 1866, die vermutlich nur durch Recherchen in den Kirchenbüchern vor Ort geschlossen werden kann.

Gemein ist diesen Registern eine mir bislang noch nicht näher zugängliche Untergliederung in „Commune“, „Ufficio“, „Parte“ & „Serie“, die z.B. auf Familysearch in einem Film mehrfach abwechselnd vorkommen können, allerdings dann mit steigender Ordnungsnummer.

Wo die Schwierigkeit bei Kirchenbüchern oft darin besteht, die richtige Pfarre zu finden, liegt es hier zumeist daran, die richtige Sektion unter tausenden Seiten aufzuspüren. Wenn vorhanden, können allerdings gut geführte Indizes große Hilfe leisten, die neben der laufenden Ordnungsnummer – die nur innerhalb von Ufficio + Parte gilt – oft auch Ufficio und Parte angeben.

Eine sehr nützliche Besonderheit sind nach Familiennamen gegliederte zehnjährige Indizes, die sog. Indici decennali, die eine gute Übersicht über ganze Familien geben können, sofern sie in diesem Zeitraum ortsfest waren und entsprechende Ereignisse zu verzeichnen hatten.

Wir finden in diesem Beispiel einen guten Teil der Kinder von Franziskus Großvater Giovanni Bergoglio, seinen Vater in blau markiert. Wie man an der ersten gelben Markierung mit dem falsch „Borgoglio“ geschriebenen Nachnamen sehen kann, sind natürlich auch Indizes nicht frei von Fehlern.

Registri dello stato civile die Torino – Index decennale (1906-1915)

Aufgrund des Fehlens von Registern vor 1866 konnte ich die Geburt des Urgroßvaters Francesco Bergoglio (die man im Internet mit 1857 in Montechiaro d’Asti findet) bislang nicht nachvollziehen. Auffindbar ist allerdings seine Trauung im Jahr 1880 in Celle Enomono mit Maria Bugnano und mit dieser umfangreichen Niederschrift können wir auch die Urgroßeltern des verstorbenen Papstes benennen: Giuseppe Bergoglio und Maria Giachino.

Registri dello stato civile di Commune di Celle Enemodo – Pubblicazione Matrimoni 1880 – Nr. 6 – p.4

Stammbaum

Aus dieser Übersicht über die Vorfahren Franziskus ergibt sich folgender Stammbaum, der natürlich noch jede Menge Potential hätte, ergänzt und weiter erforscht zu werden.

Trivia

Die Taberna Bergoglio, im Zentrum Turins nur wenige Straßen vom Wohnort der päpstlichen Großeltern entfernt gelegen, stellt auf ihrer Homepage einen intensiven Bezug zu Argentinien her und führt die Verbundenheit der argentinischen Fleisch-Küche („Asado“) auf piemontesische Wurzeln zurück.

„Zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert verließen Tausende von Piemontesen ihr Land, um ihr Glück in Übersee zu suchen. Argentinien mit seinen weiten Ebenen und wirtschaftlichen Möglichkeiten wurde zu einem der Hauptziele dieser Auswanderung. Angelockt von den Versprechungen landwirtschaftlicher Arbeit und der Möglichkeit, Land zu besitzen, trugen die Piemonteser wesentlich zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung des südamerikanischen Landes bei.

Die Piemonteser ließen sich vor allem in der argentinischen Pampa nieder, einer weiten fruchtbaren Ebene, die sich ideal für Ackerbau und Viehzucht eignet. Zu den beliebtesten Gebieten gehörten die Provinz Santa Fe, wo viele der ersten von Italienern gegründeten landwirtschaftlichen Kolonien entstanden, und die Provinz Córdoba, die wegen ihrer günstigen klimatischen Bedingungen ein beliebtes Ziel war. Die piemontesische Auswanderung erfolgte auch in die Provinz Buenos Aires, insbesondere in die ländlichen Gebiete, wo die Viehzucht florierte, während einige Gruppen von Piemontesen bis in den Süden Argentiniens, nach Patagonien, gingen und dort an der territorialen Expansion teilnahmen.

Taberna Bergoglio – La Storia

Die Familie Bergoglio hat mit ihrem prominentesten Spross die Weltgeschichte jedenfalls eher religiös als kulinarisch geprägt.


  1. Wikipedia: Papst Franziskus
  2. Wikipedia: Papst Franziskus, ebd.

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1 Kommentar zu „Papst Franziskus – Jorge Mario Bergoglio“

  1. Heribert Sorger

    Ich finde es immer überraschend und allem professionell, wie du auf jüngste Ereignisse profund reagierst. Ich lese deine Berichte mit großem Interesse und Begeisterung. Danke!

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