jüdisches Leben in Wien

Die josephinischen Reformen erleichterten die Religionsausübung der meisten Religionsgruppen in den Erblanden der Monarchie (1) und begründeten einen Prozess, der sich bis zur Erlangung der rechtlichen Gleichstellung in der Regierungszeit Kaiser Franz Joseph I. fortsetzen sollte (2).

Gleichzeitig wurde mit mehreren Dekreten und Verordnungen zwischen 1771 und 1784 die Führung der Standesbücher geregelt. Sämtliche Konfessionen im Raum der Habsburger Monarchie wurden verpflichtet, Personenstandesregister in Form von Tauf-, Trauungs- und Sterbebüchern zu führen.

So finden sich auch in den jüdischen Geburtsbüchern ab dem 18. Jhdt. bis in die Vorkriegszeit viele Einträge von Personen, die später Ansehen und Prominenz erlangen sollten.

Viele dieser Personen stammen nicht direkt aus Wien sondern aus Kronländern der Monarchie wie Böhmen oder Mähren. Das Beispiel von Bruno KREISKY zeigt ebenfalls die hohe Anziehungskraft der Metropole Wien. Seine Familie stammt aus Böhmen (Kreiskys Vater Max, gebürtig in Klattau / Klatovy) und Mähren (Kreiskys Mutter Irene, geb. Felix aus Znaim).

Geburtsbuch-Eintrag der Jüdischen Gemeinde Wien von Bruno Kreisky (22.01.1911)

Viele andere Beispiele sind in allen gesellschaftlichen Feldern von Wirtschaft über Politik + Wissenschaft bis zur Kultur zu finden, darunter Gustav Mahler, Ernst Mach, Ludwig Wittgenstein, Josef Hoffmann, Wolfgang Pauli u.v.a. (3)

Franz WERFEL wurde z.B. in Prag geboren (sieben Jahre nach Franz KAFKA, dessen Geburtsbuch-Eintrag man ebenfalls in den jüdischen Matriken Prags findet), wohin sein Vater Rudolf aus dem böhmischen Mladá Boleslav (Jungbunzlau) zugewandert war. Im Zuge des zweiten Weltkriegs verschlug es ihn 1917 nach Wien, wo er Alma MAHLER begegnen sollte.

Geburtsbuch-Eintrag von Franz Werfel (Prag, 10.09.1890)

Lise MEITNERs Eltern wiederum stammten aus Hranice (Mährisch Weißenkirchen) in Mähren, nur unweit des Geburtsortes von Gustav MAHLER (Kalischt / Kaliste). Sie wurde im zweiten Wiener Gemeindebezirk geboren, bevor ihre Eltern – wie viele andere Familien auch – als Zeichen des sozialen Aufstiegs in „vornehmere“ Gegenden übersiedelten.

Geburtsbuch-Eintrag von Lise MEITNER, 17.11.1883

  1. Toleranzpatente Joseph II. vom 13. Oktober 1781 und 2. Jänner 1782
  2. Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, 21. Dezember 1867
  3. Jüdisches Leben in Wien – Wiener Glanzzeit und Fin de siècle

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